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    Computer Science VIII - Aerospace Information Technology

    HORACE

    HORACE – HORizon ACquisition Experiment

    Gefördert durch DLR im Rahmen des REXUS 15/16 Programms

    Projektstatus: abgeschlossen

    Launch: 28. Mai 2014 13:30 MESZ in Kiruna/Schweden

    Hintergrund

    Um dem heute immer stärker werdenden Anspruch nach komplett autonomen Raumfahrzeugen gerecht zu werden, bedarf es nicht nur eines autonomen Planungssystems (siehe ASAP), sondern auch alle essentiellen Subsysteme eines Satelliten – wozu insbesondere das Lagebestimmungs- und regelungssystem gehört – müssen unerwartete Ereignisse oder Notfallsituationen behandeln und abarbeiten können, ohne das Überleben des Raumfahrzeuges zu gefährden.

    Langfristige Ziele

    Das langfristige Ziel des Projektes ist daher die Entwicklung eines Lagesensor-Systems, das auch unter so genannten Stress-Bedingungen, d.h. unkontrolliertes Rotieren und Taumeln des Satelliten mit hohen Drehraten, verlässliche Lagedaten mit ausreichender Genauigkeit liefert. Am vielversprechendsten ist unserer Ansicht nach hierfür ein Horizontsensorsystem, das aus kontinuierlich erfassten Bilddaten die Lage des Satelliten bestimmt und insbesondere einen Vektor zum Erdmittelpunkt errechnet.

    Dabei soll eine herkömmliche Kamera als optischer Sensor und keine Spezialhardware verwendet werden, zum einen um die Kosten niedrig zu halten und somit auch den Einsatz in kleinen Missionen zu ermöglichen, zum anderen um die algorithmische Leistung der bildverarbeitenden Prozesse zu testen und optimieren und so dem Umstand Rechnung zu tragen, dass viele – insbesondere Erdbeobachtungssatelliten – bereits eine Kamera als Nutzlast an Bord haben. Eine zukünftige Version könnte also möglicherweise mit beliebigen Bilddaten umgehen und somit ein reines Softwarepaket sein und keine eigene Hardware mehr benötigen.

    Konkretes Projekt und Experiment

    Schwerpunkt des HORACE-Projektes, an dem sechs Studenten der Luft- und Raumfahrtinformatik von Oktober 2012 bis Sommer 2014 arbeiteten, war zunächst die grundsätzliche Machbarkeit mit einem Experiment auf REXUS 16 zu demonstrieren. Hierfür wurde ein Embedded System entwickelt, das in von einer Kamera bereitgestellten Video-Daten, in Echtzeit mit Hilfe von bildverarbeitenden Algorithmen den Erdhorizont, sowohl bei schneller Rotation (bis zu 4Hz in der Startphase) des Launchers als auch bei kleineren Drehraten (ca. 0,3Hz nach Yo-Yo-Despin), erkennt und daraus einen Vektor zum Mittelpunkt der 2D-Projektion der Erde errechnet.



    Hierfür wurden zunächst zwei algorithmische Pfade, basierend auf Kontur-Erkennung beziehungsweise farblicher Segmentierung, in Betracht gezogen, von denen jedoch nur die Kontur-Erkennung implementiert wurde.

    Die Kontur-Erkennung, die nach einem vorverarbeitenden Schritt aus einem Frame die Konturen (Grenzen zwischen hellen und dunklen Bereichen) filtert, wählt aus den so entstehenden Linien geometrischer Überlegungen den Horizont aus. Dieser wird mithilfe von Least-Square-Verfahren auf einen Vollkreis inter- und extrapoliert und der Vektor zu dessen Mittelpunkt bestimmt. Kann keine Horizontlinie erkannt werden, was bei heftigen Bildstörungen durch Lens-Flares oder die hinter dem Horizont aufgehende Sonne der Fall ist, wird das Frame nach dem „Divide & Conquer“-Prinzip in kleinere Bildbereiche zerlegt, bis ein nun störungsfreies Teilbild erfolgreich verarbeitet werden kann oder die Rekursion wegen anderer Randbedingungen abgebrochen wird.

    Zur Evaluation und Verifikation werden nicht nur die so vom System berechneten Lagedaten, sondern auch zeitsynchronisiert sowohl die Kamera-Bilder, als auch Housekeeping-Daten aufgezeichnet und zum Teil als TM zur Bodenstation gesendet. Nach dem Flug stehen außerdem weitere von der REXUS-Rakete gesammelte Daten zur Auswertung zur Verfügung.

    Anhand der ausgewerteten Daten der Mission HORACE on REXUS 16 sollte die Frage, ob der gewählte Ansatz zur autonomen Lagebestimmung unter Stress-Bedingungen tatsächlich möglich ist, beantwortet sowie mögliche Schwierigkeiten erkannt werden, sodass in Folgeprojekten ausreichend Erfahrung und Daten zur Entwicklung eines operationell einsetzbaren Systems zur Verfügung stehen.

    Aufgrund von technischen Problemen mit der Kamera während des Fluges, nahm diese stark überbelichtete Bilder auf, was eine Horizonterkennung unmöglich machte. Wegen der guten Ergebnisse dem Flug vorangegangener Simulationen und der vollständigen operationellen Funktionsfähigkeit des Experiments, kann die Mission dennoch als Teilerfolg gewertet werden. Daher werden trotz der Probleme des konkreten Experiments Nachfolge-Projekte geplant, um das langfristige Ziel eines operationell einsetzbaren Sensor-Systems zu erreichen.

    REXUS der Projektrahmen

    HORACE wurde vom DLR im Rahmen des REXUS-Programms gefördert und flog im Mai 2014 in Kiruna/Schweden als Nutzlast auf REXUS 16. Das REXUS/BEXUS Programm (Rocket/Ballon Experiments for University Students) basiert auf einer bilateralen Vereinbarung zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der schwedischen Weltraumbehörde (SNSB). Der schwedische Anteil ist durch Zusammenarbeit mit der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) auch für Studenten aller ESA-Mitglieds- und kooperierenden Staaten zugänglich. Die Besonderheit an diesem Programm und Unterschied zu anderen universitären Projekten mit studentischer Beteiligung liegt im recht kurzen Zeitrahmen – etwa eineinhalb Jahre nach der jährlich im Oktober möglichen Bewerbung – wodurch nur relativ eng definierte Experimente möglich sind. Den Studenten wird so jedoch die Möglichkeit gegeben eine Raumfahrtmission nicht nur in Teilaspekten, sondern als Ganzes – von der ersten Projektskizze bis zur Post-Flight-Evaluation – zu erfahren.

    Weitere Informationen:

    Webauftritt des Projekts: www.horace-rexus.de
    Facebook-Page des Projekts: www.facebook.com/horace.rexus
    Informationen zum REXUS/BEXUS Programm der DLR:  www.rexusbexus.net 
    http://www.dlr.de/rd/desktopdefault.aspx/tabid-2282/3421_read-10516/
    https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/einblick/archiv/

    Ansprechpartner:

    Thomas Rapp (Teamleiter)

    Gerhard Fellinger (Supervisor)
    Prof. Dr.-Ing. Hakan Kayal (Supervisor)