Intern
Lehrstuhl für Informatik III

Die Menge macht's!

06.10.2015

Die Informatikerin Kathrin Borchert von der Uni Würzburg hat für ihre Masterarbeit eine Auszeichnung bekommen.

(Foto: Gunnar Bartsch)

Fünf Absolventinnen der Ingenieurwissenschaften hat das bayerische Wissenschaftsministerium ausgezeichnet. Eine von ihnen ist die Würzburger Informatikerin Kathrin Borchert. In ihrer Masterarbeit hat sie untersucht, wie sich Empfehlungssysteme auf Crowdsourcing-Plattformen auswirken.

Gesetzt den Fall, ein Fotograf will sein gesammeltes Archiv in eine Bilderdatenbank im Internet stellen, um so seine Verkaufszahlen zu steigern. Dann sollte er jede Aufnahme mit Schlagworten versehen, damit die Fotos auch gefunden werden. Das kann er in mühevoller Arbeit nach Feierabend und am Wochenende erledigen. Oder er vergibt seinen Auftrag auf einer sogenannten Crowdsourcing-Plattform und findet dort Helfer, die diesen Job in kurzer Zeit und für wenig Geld erledigen. Dass diese möglicherweise in Indonesien oder Bangladesch sitzen, ist für ihn egal.

Eine Plattform mit 700.000 Mitarbeitern
Wie solche Aufträge und diejenigen, die sie erledigen wollen, möglichst optimal zusammen kommen, hat Kathrin Borchert in ihrer Masterarbeit im Studiengang Informatik an der Universität Würzburg untersucht. Dabei hat sie sich auf kommerzielle Crowdsourcing-Plattformen wie MicroWorkers konzentriertnen US-amerikanischen Anbieter, bei dem rund 700.000 MikroWorker registriert sind, die jährlich Millionen von Aufträgen bearbeiten.
Crowdsourcing ist die Strategie des Auslagerns einer üblicherweise von Erwerbstätigen entgeltlich erbrachten Leistung durch eine Organisation oder Privatperson mittels eines offenen Aufrufes an eine Masse von unbekannten Akteuren, bei dem der Crowdsourcer und/oder die Crowdsourcees frei verwertbare und direkte wirtschaftliche Vorteile erlangen: So definiert der Sozialwissenschaftler Christian Papsdorf den Begriff in seinem Buch Wie Surfen zu Arbeit wird. Crowdsourcing im Web 2.0.

Die schwierige Suche nach dem passenden Angebot
Das große Problem dabei: Bei der großen Zahl an Aufträgen ist es für den einzelnen Arbeiter schwer, den für ihn passenden zu finden, erklärt Kathrin Borchert. Deshalb komme es bisweilen vor, dass Crowdworker, um sich die lange Suche zu ersparen, Aufträge annehmen, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind. Am Ende sind dann beide Seiten frustriert: Der Auftraggeber wegen der mangelhaften Qualität der Ergebnisse, und der Arbeiter, weil er keine Bezahlung erhält.
In ihrer Masterarbeit hat sich die Informatikerin mit einem möglichen Lösungsansatz des Problems, dem Einsatz von Empfehlungssystemen, beschäftigt. Ein Empfehlungssystem, das Arbeitsuchenden geeignete Jobs empfiehlt, ist vergleichbar in etwa mit den Empfehlungen, die Internet-Händler ihren Kunden geben: Sie haben Produkt A gekauft. Dann könnte Ihnen auch Produkt B gefallen. Darüber hinaus hat sie untersucht, wie sich dieses System auf die beteiligten Akteure auswirkt.

Wie sich ein Empfehlungssystem auswirkt
Stört ein Empfehlungssystem das inzwischen fein austarierte Gleichgewicht von Aufträgen und Jobsuchenden auf der Plattform? Lässt sich damit der Verdienst jedes Einzelnen steigern? Wie wirkt es sich auf die Bearbeitungsgeschwindigkeit aus? Auf diese und weitere Fragen hat Kathrin Borchert mit einem Simulationsmodell Antworten gesucht. Dabei hat sie festgestellt: Selbst vergleichsweise einfache Algorithmen haben einen positiven Einfluss.
Wie ihre Arbeit zeigt, verbessert ein Empfehlungssystem die Verdienstmöglichkeiten; gleichzeitig sinkt die Bearbeitungszeit. Das hat dann allerdings die Folge, dass die Wartezeit auf den nächsten Auftrag wachsen kann, so Borchert.
Dass Crowdsourcing-Plattformen die Ergebnisse dieser Masterarbeit nutzten, um ihr Angebot zu verbessern, ist unwahrscheinlich. Für eine Umsetzung in der Realität sind die untersuchten Algorithmen noch zu einfach, sagt die Informatikerin. Um tatsächlich auf einer Plattform zum Einsatz kommen zu können, müssten sie weiter ausgearbeitet und um zusätzliche Aspekte ergänzt werden. Das sei ein Feld, das sich beinahe beliebig erweitern lässt.

Zur Person
Kathrin Borchert (28) hat in Frankfurt am Main die Schule besucht und das Abitur abgelegt. Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr hat sie sich an der Universität Würzburg eingeschriebenst für das Bachelorstudium Mathematik mit Nebenfach Informatik, um nach zwei Semestern ganz zur Informatik zu wechseln.
Im September 2014 hat Kathrin Borchert ihre Masterarbeit Recommendation Systems in Crowdsourcing Platforms abgegeben. Seit November 2014 ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Informatik III (Kommunikationsnetze, Prof. Dr. Phuoc Tran-Gia) beschäftigt und forscht dort für ihre Doktorarbeit, die sich um Crowdsourcing-Plattformen und deren spezielle Probleme dreht. Auszeichnung des bayerischen Wissenschaftsministeriums
Für ihre ausgezeichnete Masterarbeit wurde Kathrin Borchert jetzt vom bayerischen Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle ausgezeichnet ammen mit vier weiteren Studentinnen der Ingenieurwissenschaften aus München, Augsburg, Amberg und Landshut. Die mit 2.000 Euro dotierten Preise werden jährlich auf Vorschlag der Hochschulen vergeben.
Die ausgezeichneten Absolventinnen hätten mit ihren Arbeiten gezeigt, dass MINT-Fächer längst keine Männerdomäne mehr sind, so der Minister. Ihre Erfolge könnten Mädchen und junge Frauen dazu inspirieren, sich mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen vertieft auseinanderzusetzen und ein entsprechendes Studium aufzunehmen.
Am 15. September 2015 hat Staatssekretär Bernd Sibler die Preisträgerinnen bei einer feierlichen Urkundenübergabe im Ministerium in München ehren.

Kontakt
Kathrin Borchert, Institut für Informatik, Universität Würzburg,
T (0931) 31-88976
kathrin.borchert@informatik.uni-wuerzburg.de

Von Gunnar Bartsch, Pressestelle Universität Würzburg

 


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